AM-VO ergänzt Regelungen zu Tätigkeiten in Behältern, engen Räumen und Co.
Seit 3. Dezember 2024 gelten mit der Novelle der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO, BGBl. II Nr. 330/2024) neue, verbindliche Anforderungen für Tätigkeiten in engen, kleinen oder schlecht belüfteten Räumen und Behältern – wie Schächten, Gruben, Silos oder Rohrleitungen. Gleichzeitig wurden die entsprechenden Bestimmungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) (u.a. § 59) aufgehoben.
Ziel der Novelle ist es, Leben zu schützen. Die Gefahren durch Sauerstoffmangel, Druckanstieg, Schüttgüter oder unzureichende Rettungsmöglichkeiten sind real – und in der Vergangenheit oft ursächlich für schwere Unfälle. Die neue Rechtslage rückt daher Vorbereitung, Freigabeprozesse und die richtige Auswahl von Aufsichtspersonal ins Zentrum.
§ 23a AM-VO: Betriebsanweisung und Freigabesystem als Rückgrat der Sicherheit
Im Mittelpunkt steht die verbindliche Erstellung einer schriftlichen Betriebsanweisung. Diese ist konkret auf die jeweiligen Arbeiten und Örtlichkeiten abgestimmt – es gibt kein „Musterformular“, das für alle Situationen passt.
Inhalte der Betriebsanweisung (u. a.):
- Art, Ausmaß und Ursprung möglicher Gefahren (z. B. Schadstoffe, Sauerstoffmangel, Temperatur, Schüttgut, Absturz)
- notwendige Messungen (vor und während der Arbeiten)
- Belüftungsmaßnahmen, Temperaturüberwachung, Abschalt- und Absperrmaßnahmen (inkl. LoToTo)
- Maßnahmen zur Rettung und Evakuierung
- Kennzeichnung
Grundsätzliche Formfreiheit
Die Betriebsanweisung kann in den Freigabeschein integriert werden – wir empfehlen jedoch zwei getrennte Dokumente, um Übersichtlichkeit und rechtssichere Umsetzung zu gewährleisten. Die Betriebsanweisung dient als Unterweisungsgrundlage; der Freigabeschein dokumentiert die Prüfung und Freigabe der umgesetzten Schutzmaßnahmen aus der Betriebsanweisung.
Arbeiten dürfen nur aufgenommen werden, wenn:
1. die sämtliche ArbeiterInnen speziell unterwiesen wurden,
2. eine benannte, fachkundige Person die Umsetzung der Maßnahmen kontrolliert hat,
3. eine geeignete Aufsicht sichergestellt ist.
§ 23b AM-VO: Schüttgüter – Silos und Bunker im Fokus
Beim Arbeiten in Silos oder Bunkern, in denen Schüttgüter gelagert werden, gelten verschärfte Regeln:
- In Lagerstätten für Schüttgüter wie Silos oder Bunker darf nur eingestiegen werden, wenn es unbedingt notwendig ist, solange sie nicht entleert sind.
- Während sich Personen im Inneren befinden, darf kein Material entnommen werden.
- Entleerungsöffnungen sind geschlossen zu halten.
- Für Materialien, die zur Bildung von Stauungen oder Anhaftungen neigen, müssen geeignete Vorrichtungen zur äußeren Beseitigung vorhanden sein.
- Ein Aufenthalt unter anstehendem Schüttgut ist verboten.
Diese Regelungen dienen dem Schutz vor dem häufig unterschätzten Risiko des Versinkens oder Erdrückens durch Materialmassen.
§ 15 AM-VO: Vorsicht bei geschlossenen Behältern
Ein oft übersehener Punkt betrifft die Verwendung geschlossener Behälter. Laut § 15 Abs. 6 AM-VO:
„Geschlossene Behälter dürfen nur dann erhitzt werden, wenn das Entstehen einer gefahrbringenden Druckerhöhung durch entsprechende Schutzmaßnahmen verhindert ist.“
In der Praxis bedeutet das: Vor Inbetriebnahme sind geeignete technische Vorkehrungen zu treffen – etwa Druckentlastungseinrichtungen, Temperaturüberwachung oder automatische Abschaltungen. Auch diese Maßnahmen sollten in der Betriebsanweisung berücksichtigt und im Freigabesystem kontrolliert werden.
Verantwortung kann übertragen werden – aber nur schriftlich!
Werden Wartungs- oder Reinigungsarbeiten durch externe Firmen durchgeführt, kann die Verantwortung für bestimmte Schutzmaßnahmen vertraglich an diese übertragen werden. Das ist nur dann sinnvoll, wenn dies klar, konkret und schriftlich geregelt umgesetzt wird.
Beispiele für vertraglich übertragbare Pflichten:
- Erstellung der Betriebsanweisung durch den Auftragnehmer
- Durchführung der Unterweisungen
- Sicherstellung der Aufsicht
- Einhaltung aller relevanten Bestimmungen des ASchG und der AM-VO
Unser Tipp: Prüfen Sie bestehende Verträge und formulieren Sie neue Vereinbarungen klar und rechtskonform. Die Verantwortung ist nicht automatisch übergeben – sie muss vereinbart und nachvollziehbar dokumentiert sein.
Sie benötigen Unterstützung bei der Umsetzung der neuen Vorgaben?
Wir unterstützen Sie bei der Erstellung individueller Betriebsanweisungen, der Entwicklung eines strukturierten Freigabesystems sowie der rechtssicheren Delegation von Aufgaben an Drittfirmen.