In den Produktionsanlagen kommt es immer häufiger und verstärkt zum Einsatz von Chemikalien, wie Wasserstoffperoxid zum Bleichen, Biozid zur Schleimbekämpfung, Laugen und Säuren zur Reinigung, Lacke zum Färben, Ethanol als Lösungsmittel, usw.

Bei nicht sachgemäßer Handhabung durch ungeschultes Personal, fehlenden Steuerungs-/technischen Schutzmaßnahmen, gemeinsamer Lagerung bzw. Mischen von Chemikalien mit unterschiedlichen Eigenschaften kann es zu schweren Verletzungen bis hin zu Todesgefahr kommen.

Laut verpflichtend einzuhaltender Europ. Richtlinie 98/24/EG zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische Arbeitsstoffe bei der Arbeit hat der Arbeitgeber eine Risikobewertung durchzuführen.

Vor jedem Einsatz einer neuen, weiteren Chemikalie hat der Arbeitgeber eine Risikobewertung zu erstellen.

Dabei sind die gefährlichen Eigenschaften und die Menge der Chemikalien, das Ausmaß, die Art und Dauer der Exposition, die Arbeitsplatzgrenzwerte bzw. biologischen Grenzwerte sowie die Arbeitsbedingungen, Arbeitsmittel und Anordnungen im Zusammenhang mit solchen Arbeitsstoffen zu berücksichtigen, wie folgende beispielhafte Auflistung zeigt:

  • Um Brand- und Explosionsrisiken auszuschließen, gilt es u.a. die physikalischen Eigenschaften (z.B. Gas, Dampf, feiner Staub), Druck und Temperatur während der Verarbeitung, Zündfähigkeit des gefährlichen chemischen Arbeitsstoffs, aber auch mögliche Zündquellen zu betrachten und Maßnahmen, wie Absauganlagen, ausreichende Belüftung, Installation von Mess- und Löschsystemen, Inertisierung, usw. zu treffen.
  • Um Umweltschäden zu vermeiden müssen die Wassergefährdungsklasse bzw. Gefahrstoffemissionen beachtet werden und Maßnahmen, wie Installation von Absaugsystemen, Auffangwannen, Neutralisationsbecken, usw. festgehalten werden.
  • Durch abgestimmte Steuerungssysteme, die Temperatur, Druck, Niveau, Durchfluss, usw. überwachen, entsprechende Kühlsysteme, usw. können gefährliche Chemische Reaktionen verhindert werden.
  • Richtige Werkstoffwahl, ein normgerechtes Lagersystem, Sicherstellung einer Verdünnung bzw. automatischen Spülung, sichere Dosier- und Umfüllsysteme, Tragen der Persönlichen Schutzausrüstung, Anbringen einer Kennzeichnung der eingesetzten Chemikalien vor Ort sowie entsprechende Gefahrensymbole und Rohrleitungskennzeichnungen, Installation von Notduschen, usw. sind Maßnahmen gegen Verätzung und Vergiftung.

Neben der Entladung und der Verwendung der chemischen Arbeitsstoffe sind auch der Störfall/Störungsbehebung und Wartungstätigkeiten in der Bewertung miteinzubeziehen. Diese Verpflichtung des Arbeitgebers gilt auch bei Versuchen an der Anlage mit neuen bzw. alternativen Chemikalien als auch bei der Bereitstellung einer Dosieranlage für chemische Arbeitsstoffe durch den Chemikalien-Hersteller (wenn die Anlage nicht im Eigentum des Arbeitgebers ist).

Welche Verordnungen oder Normen sollen als Grundlage für die Risikobewertung beim Einsatz von Chemikalien herangezogen werden?

Hilfreich bei der Erstellung einer Gefahrenanalyse/Risikobeurteilung sind folgende grundlegende Technische Regeln und Vorschriften*):

  • Sicherheitsdatenblatt des chemischen Arbeitsstoffes
    In der Europ. REACH-Verordnung „Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals“ (EG) Nr. 1907/2006 wird der Hersteller eines chemischen Stoffes (für alle gefährlichen Stoffe und Gemische sowie weitere Anwendungsfälle – Verlinken  ) rechtlich verpflichtet, ein Sicherheitsdatenblatt zu erstellen.
    Zur Erfüllung der REACH-Verordnung müssen die Chemikalien-Hersteller die Risiken, die mit den von ihnen in der EU hergestellten und in Verkehr gebrachten Stoffen verbunden sind, identifizieren und beherrschen. D.h. sie müssen den Anwendern Informationen über Risikomanagement-Maßnahmen, wie Eigenschaften, Brandbekämpfung, Erste-Hilfe-Maßnahmen, notwendige Persönliche Schutzausrüstung, usw. bereitstellen.
  • Europ. CLP Verordnung (EU) Nr. 1272/2008 „Classification, Labelling and Packaging“
    zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen
  • TRGS 509 -  Lagern von flüssigen und festen Gefahrstoffen in ortsfesten Behältern sowie Füll- und Entleerstellen für ortsbewegliche Behälter
  • TRGS 510 - Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern
  • WKO Österreich - Umweltmerkblatt für die Lagerung von Chemikalien im Betrieb von 12/2004
  • AwSV Deutsche Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen vom 18.4.2017
  • EN ISO 7010 – Graphische Symbole - Sicherheitsfarben und Sicherheitszeichen
  • EN 61511-Normenreihe Funktionale Sicherheit - PLT-Sicherheits-einrichtungen für die Prozessindustrie
    Diese Norm dient u.a. zur Gefahrenbewertung im Umgang mit Chemikalien sowie zur Umsetzung der Steuerungstechnischen Maßnahmen zur Risikoverhinderung und -minimierung. Ferner enthält die EN 61511-3 einen Risikograph für Umweltschäden.
  • Explosionsschutz-Regeln (EX-RL) DGUV Regel 113-001
    Neben den EN-Normen rund um den Explosionsschutz sind die Beispielsammlungen der DGÜV bei der Zoneneinteilung hilfreich.

*) Aufgrund der immensen Anzahl von chemischen Stoffen und der Gültigkeit nationaler und europäischer Verordnungen und Richtlinien ist eine vollständige Auflistung von rechtlichen Vorgaben in diesem Newsletter nicht möglich.

Die Gefahrenanalyse/Risikobeurteilung stellt ferner die Basis für die gesetzlich geforderte „Nachweisbare Unterweisung der Arbeitnehmer“ sowie eines Notfallskonzepts dar.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Erstellung einer Risikobewertung bzw. Schulungsunterlage beim Einsatz von chemischen Arbeitsstoffen.